Die siebte Auflage des Europäischen
Theaterfestivals Eurothalia, das vom Deutschen Staatstheater Temeswar (DSTT)
veranstaltet wird, beginnt. Auf dem Programm der beiden ersten Festivaltage
stehen folgende Vorstellungen:
„Ibsen: Gespenster“, eine Produktion von Markus & Markus
(Deutschland)
Freitag,
den 6. Oktober, um 18 Uhr und Samstag, den 7. Oktober, um 18 Uhr
im
Studiosaal des Temeswarer „Csiky Gergely-Theaters“,
„Western Society“, eine Produktion der Kompanie Gob Squad (Deutschland)
Freitag,
den 6. Oktober, um 20 Uhr im Saal des DSTT
und
„Die unglaubliche und traurige Geschichte von
der einfältigen Eréndira und ihrer herzlosen Großmutter“ von G.G. Márquez, in der Bühnenfassung von Yuri
Kordonsky
Samstag,
den 7. Oktober, um 20 Uhr im Saal des DSTT
Die Gruppe Markus & Markus aus Hildesheim hat sich dem
investigativen politischen Theater verschrieben. In ihren Aufführungen, die zu
heftigen Debatten führen, werden die Grenzen zwischen Theater und Wirklichkeit
aufgehoben. „Ibsen: Gespenster“ bedient sich eines Themas aus Henrik
Ibsens Stück, in dem die Hauptgestalt Osvald seine Mutter darum bittet, ihm
dabei zu helfen, sich zu töten. Sie zweifelt. Und mit ihr zweifeln noch immer
Gesellschaften überall in der Welt, ob es ein Grundrecht auf selbstbestimmtes
Sterben gibt. Das Kollektiv Markus & Markus lernte seinen Osvald in
Gestalt der 81-jährigen Margot am 1. April 2014 kennen und begleitete sie mit
der Kamera während ihrer letzten Tage beim Ordnen ihrer Dinge, den letzten
Arztbesuchen, Abschiedsfesten und schließlich auch auf ihrem Weg in die
Schweiz. Dorthin, wo einige wenige Organisationen seit Jahren auf dem schmalen
Grat, den die Justiz ihnen lässt, Sterbehilfe leisten. Am 22. Mai 2014 nahm die
Gruppe an Margots Beerdigung teil. Das Stück ist eine Feier des Lebens,
ein Dinner for One, bei dem die Gastgeberin ihren verstorbenen Freundinnen und
Freunden bereits gefolgt ist. Auf der Bühne sind nur noch Markus & Markus.
Ein kontroverser Diskurs prallt auf ein Drama, dessen Protagonistin bereits tot
ist. „Ibsen: Gespenster“ ist ein Stück über das Sterben und
zugleich ein Lebenselixier, denn: „Solange man über mich spricht und meine
Geschichte erzählt wird, solange bin ich nicht tot.“
Gob Squad ist
eine Gruppe britischer und deutscher Künstler, die 1994 entstand, und die in
ihren Aufführungen untersucht, wie Kunst, Mittel der Medien und Wirklichkeit
einander durchdringen. Die Produktionen der Gruppe werden sowohl in Theatern
als auch in Ausstellungsräumen, Läden, auf Parkplätzen, in Hotels oder auf der
Straße gezeigt. Die Aufführungen waren bereits auf fast allen Kontinenten zu
sehen. Die Gruppe wurde für ihre einzigartigen Leistungen auf dem Gebiet des
Theaters unter anderem mit dem Preis des Goethe-Instituts und mit dem Drama
Desk-Preis ausgezeichnet.
„Western Society“ ist das Porträt der Zivilisation des 21. Jahrhunderts.
Wie durch einen Bilderrahmen blicken wir in das Wohnzimmer einer unbekannten
Familie und erkennen uns selbst. Von der Technologie fasziniert, stellt die
Theatergruppe Gob Squad westliche Lebensverhältnisse in den Mittelpunkt, wobei
in einem völlig unspektakulären Video ein anonymes Wohnzimmer gezeigt wird, in
dem irgendwo in der westlichen Welt eine Familie zusammenkommt. Der Raum ist
voll, eine Party findet statt. Den Zusammenhalt von Familie, Freunden und
Fremden sichert die Karaoke-Maschinerie: einsam zusammen und zusammen einsam.
Was tun wir hier? Was soll das bedeuten? Soll das Glück sein? Auch die
Darsteller fragen sich das, denn sie staunen darüber, wie sie dahin gelangen konnten,
wo sie heute sind.
Die Aufführung „Die unglaubliche und traurige Geschichte von der
einfältigen Eréndira und ihrer herzlosen Großmutter“ ist die jüngste
Produktion des DSTT. Regie führte Yuri Kordonsky, Helmut Stürmer
entwarf das Bühnenbild und Ioana Popescu die Kostüme. Tibor Cári
komponierte die Musik und Rudolf Herbert war für die Dramaturgie
verantwortlich. Eréndira ist erst vierzehn, als ihre Großmutter, die ihr den
Brand des Hauses zur Last legt, sie zur Prostitution zwingt. „Eréndira…“ gilt
als eine der bewegendsten Erzählungen von Gabriel Gárcia Márquez. Motive seines
Meisterwerks „Hundert Jahre Einsamkeit“ verknüpft er hier mit Themen wie Schuld
und Sühne, Liebe und Tod. Ein Nobelpreisträger für Literatur, ein
Ausnahmeregisseur und ein bewährtes Ensemble verführen in eine magische Welt,
in der Realität und Imaginäres miteinander verschmelzen.
Andreea Andrei - Künstlerische Beraterin
Rudolf Herbert - Dramaturg
Foto: Szenenbilder aus „Western Society“, eine Produktion von Gob Squad, „Ibsen: Gespenster“, eine Produktion
von Markus & Markus, „Erendira”,
eine Produktion des DSTT. Die Fotos dürfen von den Medien,
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