ZUM STÜCK Cymbelin
erschien, wie die meisten Stücke aus Shakespeares letzter
Dichter-Periode, zuerst in der Gesamtausgabe seiner Werke, der Folio
von 1623, und galt als Shakespeares letzte Tragödie, obzwar man das
Stück vielmehr als eine Tragikomödie betrachtet, die eine komplexe und
dennoch unglaubwürdige Geschichte erzählt. Da die Bühnenaufführung in
dem bereits 1610 oder 1611 verfassten Tagebuch des Astrologen Simon
Forman erwähnt wird, so sind die früheren Meinungsverschiedenheiten
über seine Entstehungszeit bedeutend eingeschränkt worden und schwanken
nur noch zwischen den Jahren 1609 bis 1611. In Formans Schriften wird
die Hauptgestalt "Innogen" und nicht "Imogen" genannt, was sich später
wahrlich als Schreibfehler erwiesen hat. Alle Merkmale des Versbaues
deuten unverkennbar auf eine sehr späte Abfassungszeit hin, ebenso
Stil, Satzbildung und Ausdrucksweise. Wie manches andere Stück
Shakespeares, so ist auch Cymbelin aus einer dramatischen Verschmelzung
historischer und novellistischer Stoffe hervorgegangen. Den Titel und
den Ort der Handlung entnahm Shakespeare der Geschichte Englands unter
der Herrschaft des legendären Königs Cymbelin, oder Cunobelinus, der im
Jahre 33 n. Chr. regiert haben soll. Die Verschmelzung von Boccaccios
Decamerone mit Holinsheds englischer Chronik ist architektonisch und
ökonomisch untadelhaft vollzogen. Auch musste die Handlung der Novelle
unbedingt an Gewicht und Interesse gewinnen, indem Shakespeare sie in
eine weit ältere geschichtliche Periode (gegen den Anfang unserer
christlichen Zeitrechnung) und in eine weit höhere gesellschaftliche
Schicht verlegte. Die deutschsprachige Erstaufführung von "Cymbelin"
erfolgte unter dem Titel "Imogen" am 16. Dezember 1782 am Wiener
Burgtheater. DER INHALT Cymbelin, der König Britanniens,
steht unter dem Einfluss seiner zweiten Frau. Sie hasst Imogen, seine
Tochter aus erster Ehe, da diese den Edelmann Posthumus Leonatus
geheiratet hat und nicht Cloten, den Sohn der Königin aus einer
früheren Ehe. Posthumus wird von Cymbelin nach Rom verbannt, wo er mit
dem Italiener Iachimo eine verhängnisvolle Wette um Imogens Treue
eingeht. Aus Britannien zurückgekehrt, behauptet Iachimo, Imogen
verführt zu haben und beweist es mit einigen intimen Details. Posthumus
fällt auf den Betrug herein. In rasender Eifersucht will er Imogen von
seinem Freund Pisanio umbringen lassen. Dieser bringt die Tat aber
nicht übers Herz, vertraut sich Imogen an und rät ihr, als Mann
verkleidet nach Italien auf der Suche nach ihrem Ehemann zu gehen. Auf
dem Weg dorthin trifft sie Bellaria, die aus Rache dem König gegenüber
die beiden bisher toterklärten Schwestern der Imogen, Arvira und
Guideria, entführt hat. Prinz Cloten, der Imogen nachgereist ist, wird
nach einem Streit mit Guideria erschlagen. Imogen nimmt ein von ihrer
Schwiegermutter präpariertes Schlafmittel, im Glauben, es sei Medizin,
und wird für tot gehalten. Mittlerweile ist zwischen Rom und Britannien
der Krieg ausgebrochen. Bellaria kämpft trotz des erlittenen Unrechts
auf Cymbelins Seite. Posthumus hat, als Bauer verkleidet, Heldentaten
zu Gunsten Britanniens vollbracht. Mit dem Ende des Krieges endet auch
die Lügentat Iachimos, und die böse Königin stirbt im Wahnsinn. Imogen
und Posthumus finden wieder zueinander. DER REGISSEURDer
gebürtige Bukarester wandert mit seiner Mutter nach Israel aus, zieht
dann nach Irland, wo er studiert, dem Abbey-Theater beitritt und Leiter
dessen experimenteller Sektion wird. 1971 legt er in Montreal den
Grundstein einer experimentellen Bühne - des "Montreal Theatre Lab".
Texte stellen bei Hausvater lediglich Leitlinien des dramatischen
Geschehens dar, wobei er dieses Prinzip sowohl bei Inszenierungen
klassicher als auch gegenwärtiger Texte umsetzt. Hausvater führte Regie
bei mehr als 150 Stücken, von Israel über Osteuropa und Kanada bis in
die USA. An dieser Stelle seien erwähnt: - ...au pus cãtuşe florilor, nach Fernando Arrabal, Odeon-Theater Bukarest - La Tigãnci, nach Mircea Eliade, Odeon-Theater Bukarest - Perikles, von Shakespeare, Odeon-Theater Bukarest und Theatre Passe Muraille, Toronto - Roberto Zucco, von Bernard Marie Koltes, Nationaltheater Jassy - Der Kirschgarten, von Tschechow, Nationaltheater Jassy - Machinal, von Sophie Treadwell, Nationaltheater Bukarest - Wie es euch gefält, von Shakespeare, Theatre La Licorne, Montreal - König Lear, von Shakespeare, APA Montreal - Richard III, von Shakespeare, Mickery Theatre, Amsterdam - Hamlet, von Shakespeare, Theatre de Quat'Sous, Montreal - Die Kannibalen, von George Tabori, Radu-Stanca-Theater Hermannstadt - Die Nacht des 16. Januar, von Ayn Rand, Staatstheater Großwardein - u.a.m. Neben
seiner vielfältigen Tätigkeit als Spielleiter, wo er sich gerade durch
Inszenierungen vieler Shakespeare-Werke auszeichnete, unterrichtete er
an Theaterhochschulen in Montreal, Michigan, Tel Aviv, Moskau, Ottawa
usw. Die Inszenierung "König Cymbelin" am DSTT stellt Hausvaters erstes Engagement an einer Temeswarer Bühne dar.