Das Stück Feuergesicht ermöglicht einen Einblick in den Alltag
einer vierköpfigen Familie. Die Eltern führen eine bereits leblose
Beziehung: der pubertäre Sohn Kurt liest Philosophie und legt die ganze
Nachbarschaft in Schutt und Asche. Olga, seine ältere Schwester, zu der
er ein inzestuöses Verhältnis aufgebaut hat, will mit Hilfe ihres
Freundes Paul aus der Enge ihrer Jugend fliehen.
Die Stücke Marius von Mayenburgs, eines der meistgespielten deutschen
Jungdramatiker der letzten Jahre, beschreiben eine Welt, in der keine
Hoffnung besteht. Sie lassen Randfiguren zur Sprache kommen, die sich
durch Abgrenzung, Subversion und Provokation in einem Kriegszustand mit
sich selbst und ihrer subjektiven Umgebung befinden.
Der Spielleiter RADU ALEXANDRU NICA wurde 1979 in
Hermannstadt geboren. 2004 absolviert er die Theaterabteilung
(Fachbereich Regie) der Philologiefakultät im Rahmen der
Babes-Bolyai-Universität Klausenburg (Jahrgang Mona Chirilã). Von 2001
bis 2003 war er Stipendiat an der Bayerischen Theaterakademie August
Everding München. Gleichzeitig studiert er Theaterwissenschaften an der
Ludwig-Maximilians-Universität München. Während seiner Studienzeit
übernimmt er die Regieassistenz zweier Produktionen am Metropol-Theater
München. Er inszeniert in der gleichen Zeit "Die kahle Sängerin?, von
Eug讥 Ionesco, und "Push up 1-3?, von Roland Schimmelpfennig.
Seit August 2004 ist er Hausregisseur des Radu-Stanca-Nationaltheaters
Hermannstadt. Zu seinen Inszenierungen zählt man: I hired a contract
killer (Wie feuere ich meinen Mörder) von Aki Kaurismäki (an der
deutschen Abteilung), Nora nach H. Ibsen (an der rumänischen
Abteilung), Norway today von Igor Bauersima (an der deutschen wie
rumänischen Abteilung). Die Inszenierung I hired a contract killer
beteiligte sich 2004 am Interethnischen Theaterfestival Temeswar, am
Internationalen Theaterfestival Hermannstadt und am
Landestheaterfestival "I. L. Caragiale" Bukarest. Er wurde mit dem
Debütpreis des Rumänischen Theaterverbandes für 2004 ausgezeichnet. Der
Spielleiter hat das Wort Der Generationskonflikt und die Familie sind
die beiden Themen im Vordergrund des Stückes "Feuergesicht".
Gleichzeitig handelt es sich um eine Liebesgeschichte. Und gerade in
dieser grenzenlosen Liebe finden Inzest, Elternmord und Freitod ihren
Ursprung. In dieser Inszenierung sollen die Gründe erschlossen werden,
welche die Gestalten gerade in dieser Weise agieren lassen. Eine
gewisse Großzügigkeit wird ihnen beigemessen, ohne ins Groteske zu
gelangen oder moralisierend zu wirken. Die Unschuld der Liebe und das
leidenschaftliche Aus-Leben dieses Gefühls lassen uns schließen: die
Gestalten haben keine Schuld.
Andererseits führt die Kommunikationslosigkeit zu versörten Beziehungen
zwischen den Partnern, oder zwischen Eltern und Kindern. Es ist ein
feiner Mechanismus, von unergründlichen Motiven bewirkt. Die Liebe ist
der paradoxe Ursprung des Bösen, die übergroße Liebe führt zur
Zerstörung, Verdammnis und Kommunikationslosigkeit. Darin besteht,
ähnlich wie bei Oliver Stone's "Natural Born Killers" die subversive
Botschaft dieser Inszenierung. Die Liebe ist nicht mehr erkennbar,
sobald sie zur Routine geworden ist. Sie wird entweder egozentrisch
oder zu tolerant, wie dies in der Beziehung Eltern-Kinder der Fall
wird. Grundmotiv des Stückes ist die Entwicklung der Liebe zwischen
Kurt und Olga. Die beiden Ebenen - Feuer und Liebe - fließen
ineinander, bevor sie sich unwiderruflich trennen. "Feuergesicht" ist
eine Inszenierung über den Tod. Über jenen Tod, der allein durch die
Liebe gerechtfertigt wird. Radu Alexandru Nica